Gedanken über ein Kunstwerk
Professor Otto Kümmel, der wohl allen Sammlern japanischer Kunst und japanischen Kunstgewerbes ein Begriff ist, schrieb in seinem bereits 1911 erschienenen Buch “Das Kunstgewerbe in Japan” über das japanische Schwert und erläuterte hierzu auf Seite 70:
“Das wesentliche Element des japanischen Schwertes ist natürlich die Klinge – und sie fesselt auch in erster Linie die Aufmerksamkeit des Japaners. Indessen liegen die Eigenschaften der japanischen Klinge so tief unter der Oberfläche und offenbaren sich so wenig in leicht erfassbaren Zierformen, dass es einem Europäer fast unmöglich ist, zu einer Auffassung selbst gröberer Unterschiede zu gelangen.
Alle japanischen Klingen, die sich über ein gewisses, sehr niedriges Niveau erheben, erscheinen dem Europäer zunächst fast unbegreiflich vollkommen und die deutlichen Qualitätsstufen, die jeder Japaner von einiger Schwertbildung auf den ersten Blick sieht, so gut wie unerkennbar.
Eine Schulung, wie sie der Japaner durchmacht, würde wahrscheinlich auch den Europäer diese Unterschiede sehen lehren. Aber selbst in Japan ist nichts schwieriger, als eine größere Anzahl guter Klingen wirklich zu studieren und nach Europa sind solche Klingen beinahe nie gekommen, weil die Japaner niemals aufgehört haben, ihnen die höchste Schätzung zu widmen“.
Bis heute hat sich an dieser Aussage wenig geändert. Die einzige Veränderung des von Otto Kümmel beschriebenen Zustandes bezieht sich nämlich fast nur auf den letzten Satz, der dahingehend revidiert werden müsste, dass mittlerweile den Interessierten in Japan vielfache Möglichkeiten geboten werden, wirklich erstklassige Klingen zu studieren. Dazu gehören zahlreiche gute Veröffentlichungen und Literatur zu den verschiedenen Schmiedeschulen und ihren regionalen Ausprägungen und die nunmehr doch zahlreichen Ausstellungen hochwertiger Klingen in vielen Museen Japans.
Dies ist zu einem großen Teil der japanischen Gesellschaft “NIPPON BIJUTSU TOKEN HOZON KYOKAI” zu verdanken. Sie gibt nicht nur durch eigene erstklassige Publikationen Gelegenheit zum Studium, sondern neben ihren Ausstellungen in ganz Japan und den regelmäßigen Treffen der Branches und Zweigstellen bietet sie immer wieder ernsthaft Interessierten die Möglichkeit, höchst bewertete Klingen in die Hand zu nehmen und zu studieren.
Hier sollen Ratschläge gegeben werden, wie man zu einer Beurteilung der Qualitätsunterschiede gelangen kann.
Hierbei ist zunächst nur eines wichtig, dass man sich nämlich klar macht, um was es bei diesen Qualitätsunterschieden geht. Dazu mag vielleicht die Übersetzung des Namens der japanischen Gesellschaft beitragen, der schon vorstehend erwähnten NBTHK. Übersetzt heißt diese Gesellschaft: “Gesellschaft zur Bewahrung des japanischen Kunst–Schwertes”.
Damit ist gemeint, dass nicht scharfe Waffen bewahrt werden sollen, sondern wertvolle historische Kunstwerke. Nur unter diesem Gesichtspunkt sind die vielen Qualitätsunterschiede zu verstehen. Es soll nicht verschwiegen werden, dass hier Kunst und Gebrauchsfähigkeit ineinander übergehen und, dass es durchaus möglich ist, dass die künstlerisch hochwertige Klinge auch die bessere im praktischen Gebrauch ist.
Das Schwert muss sowohl künstlerischen als auch historischen Wert besitzen, d. h., es muss einerseits hervorragend geschmiedet und gehärtet sein und andererseits ein gutes Beispiel für eine bestimmte Epoche in der Geschichte des japanischen Schwertes darstellen. Das Schwert muss seine eigenen, einzigartigen und herausstehenden Eigenschaften in Bezug auf die Form, die Qualität und technische Details haben. Es muss darüber hinaus repräsentativ für einen bestimmten Künstler, eine Schule oder eine Region sein, in der es produziert wurde.
Um diese Kriterien zu verstehen, wird im Folgenden versucht kurz aufzuzeigen, was die Charakteristika des japanischen Schwertes sind und wie diese durch historische Hintergründe bestimmt werden. Außerdem soll eine chronologische Darstellung der Veränderungen des Schwertkampfs bzw. auch der Kampfweise erklären, wie sich Stile und Formen von Schwertern im Verlauf der Jahrhunderte verändert haben.
Merkmale des japanischen Schwertes können erkannt und erlernt werden, da sie mit einigem Wissen ersichtlich sind – Offenheit, Lernbereitschaft und Augenschulung vorausgesetzt. Diese Kenntnisse haben wenig mit “geistigem” Studium, Zen-Buddhismus, Erleuchtung, Kendo-Training oder der Sentimentalität einer Samurai–Romantik zu tun, sondern können in einem spezifischen Kunst–Studium erlernt werden.
Dieselbe Art und Weise Architektur, Malerei, Skulptur oder Musik an ihren Eigenheiten, an ihrem jeweiligen Stil erkennen und einordnen zu können, ist auch auf das japanische Schwert anzuwenden. Man kann es ebenfalls an seinem Stil erkennen und dann zeitlich und nach Regionen, Schulen oder sogar Meistern einordnen.
Die Tatsache, dass das Schwert sowohl Waffe als auch Kunstwerk ist, verdeckt manchen, der hier nur die Waffe sieht, den Blick auf das Kunstwerk. Bei einem Schwert – und dies gilt insbesondere für das japanische Schwert – springt die Kunst ungeschulten Betrachtern nicht so deutlich ins Auge.
Über technische Grundvoraussetzungen
Um den möglichen künstlerischen Wert in einer Klinge erkennen zu können ist es erforderlich, auf den Herstellungsprozess eines Schwertes einzugehen.
Die Arbeit des Schmiedes beginnt damit, dass er den Rohstahl (tamahagane) nach verschiedenen Qualitätskriterien vorsortiert. Der Rohstahl ist ein poröser, fast schwammartig aussehender Klumpen Stahl. Die ungefähr faustgroßen Stücke können einen stark schwankenden Kohlenstoffgehalt haben und sind demzufolge nur teilweise zur Klingenherstellung geeignet.
Man nimmt an, dass viele Schwertschmiede bis etwa zum 15. Jahrhundert ihren Rohstahl selbst hergestellt haben. Dazu wird natürlich vorkommender Eisensand (satetsu), in einem rechteckigen Schachtofen geschmolzen. Gefeuert werden solche Öfen mit Holzkohle.
Etwa vom 15. Jahrhundert an haben die Schmiede mehr und mehr den Rohstahl zugekauft und die Herstellung desselben anderen spezialisierten Handwerksbetrieben überlassen.
Die vorsortierten, ausgesuchten tamahagane Stücke werden im Holzkohlenfeuer der Schmiede auf Schweißtemperatur gebracht. Danach wird das Werkstück durch Schmieden mit dem Hammer auf dem Amboss verschweißt.
Je nachdem welches Schmiedemuster der Schmied in der Klinge anlegen und zeigen will, muss er den dazu passenden Stahl herstellen. Dieses Schmiedemuster (hada– oder Haut) war und ist von Region zu Region und je nach Schmiedeschulen unterschiedlich. Ein in der Provinz Bizen hergestelltes Schwert zum Beispiel unterscheidet sich deutlich von einem Schwert aus den Provinzen Yamato oder Soshu.
Spezielle Schmiedetechniken können die unterschiedlichsten Schmiedemuster erzeugen.
Namentlich sind das z. B. itame– (Brettmaserung, Brettstruktur), mokume– (Holzmaserung), masame– (gerade Maserung) oder auch ayasugi–hada (eine wellenförmige Maserung). Die hada kann großflächig und deutlich sichtbar sein oder auch sehr fein und dicht in ihrer Struktur.
Ein gut geschmiedeter Stahl hat ein klares, gleichmäßiges Bild, welches sich über die gesamte Klinge erstreckt. Dabei spielt es keine Rolle wie fein der Stahl ist oder welches Muster der Schmied angelegt hat.
Eine schlecht geschmiedete Klinge zeigt ein ungleichmäßiges hada, welches unkontrolliert wirkt. Dazu können auch noch Fehlstellen, Löcher oder Risse im Stahl vorkommen.
Das Besondere an japanischen Klingen ist aber ihre selektive Härtung und die Gestaltung der Härtelinie.
Hierzu wird die fertige und in Form geschmiedete Klinge mit Hobeleisen und Feilen geglättet und mit einem groben Schleifstein sauber geschliffen.
Danach wird eine spezielle Paste, bestehend aus Holzkohle, Schleifsteinpulver und Tonerde, angemischt und als Schutzmantel auf die Klinge aufgetragen. An der noch stumpfen, ca. 2 mm dicken, späteren Schneide der Klinge wird die Paste nur sehr dünn aufgetragen, während dieser Schutzmantel oberhalb des zu härtenden Bereichs zum Rücken der Klinge hin dicker angelegt ist. Jetzt hat der Schmied die Möglichkeit, durch eine differenzierte Gestaltung des Schutzmantels das spätere Aussehen der Härtung und der Härtelinie zu bestimmen.
Diese Gestaltung der Härtung und der Härtelinie (hamon) ist neben dem Schmiedemuster des Klingenstahls das wesentlichste Element bei der Herstellung von japanischen Schwertern. Diese Technik ist einzigartig und ist so von keinem anderen Land oder von keinem anderen Kulturkreis bekannt.
Die Art der Härtung und die Form der Härtelinie haben großen Einfluss auf die spätere Stärke und Widerstandskraft der Klinge und natürlich auch für das Erscheinungsbild des Schwertes als Kunstwerk.
Ist der Schutzmantel getrocknet, wird die Klinge im Holzkohlenfeuer gleichmäßig auf Härtetemperatur gebracht und danach im temperierten Wasser abgeschreckt.
Weil der Schutzmantel an der Schneide sehr dünn aufgetragen ist, kühlt der Stahl in diesem Bereich schnell ab, wodurch hier eine Härtung entsteht.
Dieser Prozess, das kontrollierte Härten der Klinge, entscheidet, ob eine künstlerisch wertvolle Klinge entsteht oder „nur“ eine Waffe von geringerem künstlerischen Wert.
Ein falsches Einschätzen der optimalen Härtetemperatur, die nur an der Glühfarbe des Stahls einzuschätzen ist, kann eine mangelhafte Härtung zur Folge haben. Im schlimmsten Fall bekommt eine Klinge Härterisse, wodurch die Klinge unbrauchbar wird.
An dieser Stelle möchten wir einen kurzen Text einer Publikation anfügen, die 1733 mit dem folgenden Titel veröffentlicht wurde.
„Der heutigen Historie oder des gegenwärtigen Staats aller Nationen, Ersten Theils anderes Stück, enthaltend eine umständliche Beschreibung des Grossen Kaisertums JAPAN, an statt der kurtz gefassten Englischen Nachricht des Herrn Capitain Salmon Von dem Herrn M. van Goch. .D.
In Holländischer Sprache entworffen, und anitzo ins Teutsche übersetzt von A. H.
Verlegt von Jonas Korte, Buchhändler in Altona
1733
Nachdem er auf Staat und Regierungsform, Landschaft, Städte, Natur und Ackerbau sowie Handel eingegangen ist, schildert der Autor Medicus Doctor van Goch zu den vielfältigen Techniken und Handwerken der Japaner auf Seite 105 folgendes:
„Den Stahl zu härten sind sie grosse Meister. Ihre Schwerdter können unsere Degens, ohne Scharten davon zu bekommen, mitten durchhauen. Und darin besitzen sie eine Kunst und Wissenschaft die noch zur Zeit in Europa ganz unbekandt ist, daß sie feine güldene und silberne Nadeln so zu härten wissen, daß man sie, wie oben gemeldet, zu den schwersten Chirurgischen Operationen gebrauchen kann. Kein Volck versteht sich so wohl auf das Schneiden, Graviren, und Vergülden der Sowaes, welches eine gewisse Art von köstlichen schwartzen Metall ist, von Kupfer mit ein wenig Gold vermenget“.
M. van Goch beschreibt hier zunächst die Qualität japanischer Klingen und lobt, ohne leider genauer darauf einzugehen auch die Bearbeitung von Legierungen wie Shakudo oder Shibuichi.
Nach dieser frühen Schilderung zurück zu den Beschreibungen der Klingen.
Für die Qualität der Klinge als Kunstwerk sind entscheidend:
Stahlqualität, Form, Hada und Hamon
Nur wenn diese vier Komponenten vom künstlerischen Aspekt her befriedigend und schön sind, ist das Schwert von höherer Qualität. Je besser diese Komponenten miteinander harmonieren, desto besser, schöner, künstlerischer und qualitativ hochwertiger ist die Klinge. Um das beurteilen zu können, ist es wichtig viele gute oder nur gute Klingen zu sehen. Schlechte Kunst verdirbt die Augen.
Selbstverständlich muss man wissen, dass Schwerter bestimmter Perioden oder verschiedener Schulen unterschiedliche Schönheiten aufweisen. So wird z. Bsp. eine Ichimonji-Klinge in fast allen Kriterien eine andere ästhetische Wirkung als eine Kotetsu-Klinge aufweisen und damit auch andere Qualitäten und andere Schönheit zeigen. Ein Bild von van Gogh z. B. unterscheidet sich in den meisten Aspekten von einem Rembrandt, aber ihrer beider Werken wohnt Schönheit und künstlerische Ausdruckskraft inne.
Um solche verschiedenen Schönheiten zu verstehen, ist es unbedingt notwendig bei der Betrachtung einer guten Klinge Kenntnisse zu erwerben, die nur durch ein Studium des Themas und durch Schulung der Augen zu erreichen sind.
Bei japanischen Klingen handelt es sich nicht nur um eine Kunst, bei deren Studium und Genuss sich beim Betrachter auch eine gewisse Freude einstellt, sondern um eine Kunst, zu deren echtem Verständnis und Würdigung die Betrachter etwas zur Begegnung beitragen müssen, nämlich Offenheit, Kenntnisse und gute Augen.
Ferner ist es nötig, sich die Charakteristika der verschiedenen Schulen, Provinzen und Meister einzuprägen, damit man die Klingen und folglich ihre Schmiede identifizieren kann.
Die typische Form des japanischen Schwertes, in der überwiegenden Mehrzahl leicht gekrümmt, einschneidig und mit einem Mittelgrat versehen, wurde im Laufe der Zeit entwickelt und auf Grund praktischer Bedürfnisse mehrmals verändert.
Die Hauptmerkmale des japanischen Schwertes sind:
- Die elegante Form mit oder ohne Mittelgrat mit den konvex geformten Seitenflächen
- Die sorgfältig geschliffenen, polierten Flächen der Klingen, die die Schmiedestruktur des Stahls sichtbar machen
- Die verschiedenen, vielfältigen Härtemuster entlang der Schneide, die durch den vorher beschriebenen Härtungsprozeß entstanden sind.
Alle diese Merkmale sind in einer guten Klinge vorhanden. Sichtbar und erkennbar werden sie nur, wenn sie von einem kompetenten Polierer in mühevoller und geduldiger Handarbeit auch sichtbar gemacht werden. Der Polierer muss wissen, wie die Klinge ursprünglich angelegt wurde, denn die verschiedenen Schmiedestile erfordern unterschiedliche Behandlungen. Um ein Schwert gemäß seiner Qualitäten richtig beurteilen zu können, sind die vorher erwähnten Kenntnisse wichtig.
Das Polieren, das sachgerechte Restaurieren einer Klinge ist nur möglich, wenn der Polierer weiß, was er poliert. Jedes Zeitalter, jede Schule und jeder Stil erfordern Schleif– und Poliermethoden, die sich nach Anlage der Klinge richten müssen, um die Spezifika des Stil zu erhalten.
Selbstversuche an japanischen Schwertern, mit welchen Mitteln auch immer, sind abzulehnen, da solches eine Klinge ruinieren kann.
Eine gute Politur wird durch sorgfältiges, zeitaufwendiges und nur von Hand zu bewerkstelligendes Abschleifen der Klinge mit einer Serie von Steinen wechselnder Konsistenz und Härte erzielt. Hierbei werden Oberflächenstrukturen (kitae-hada) und die verschiedenen strahlenden Härtungserscheinungen auf der Klinge sichtbar. Wurde z. B. eine Klinge mit hoher Temperatur gehärtet, erscheinen die martensitischen Kristalle, die nie, wie strahlende kleine Brillanten, während eine niedrigere Härtungstemperatur die nioi–Kristalle wie milchigen Nebel oder Wolkenmuster hervorbringt.
Um das japanische Schwert als Kunstwerk studieren und würdigen zu können, sollte man mit dem Studium der Schwertformen beginnen.
Darauf sollte man die kristalline Struktur der Härtelinie, die Qualität des Stahls und des Schmiedemusters untersuchen und nicht zuletzt die Angel mit der eventuell vorhandenen Signatur betrachten.
Auch die Angel zeigt wichtige Merkmale, wie die Farbe des Rostes, die Feilmarken, die Löcher für die mekugi und, falls vorhanden, natürlich Stil und Form der Inschrift, die beachtet werden müssen.
Alle diese Kriterien zusammen können Hinweise auf die Entstehungszeit der Klinge und die Identität des Künstlers oder seiner Schüler geben.
Über die Geschichte, das Studium und die Würdigung des japanischen Schwertes
Während der gesamten Geschichte Japans, bis zur Meiji-Restauration im Jahre 1868, wurden Schwerter natürlich zum Kampf benutzt. Deshalb unternahmen Samurai größte Anstrengungen ein gutes Schwert zu besitzen, da es ja die Waffe war, mit der sie evtl. schon am nächsten Tag kämpfen mussten. Davon abgesehen war das Schwert zusammen mit seiner Montierung auch immer ein Statussymbol.
Wie hoch Schwerter geschätzt wurden, mag folgende Begebenheit verdeutlichen. Auf das Familienerbstück des daimyo von Tosa, ein Schwert von Kanemitsu, hatte der Shogun ein Auge geworfen. Der Daimyo weigerte sich, das Schwert dem Shogun zu schenken und lehnte dies mit der Äußerung ab: …“auch wenn ich ganz Tosa dafür aufgeben müsste, würde ich das Schwert niemandem überlassen … !”
Aufgrund dieser Episode bekam das Schwert auch seinen Namen “Ikoku Kanemitsu” (ikoku = im Wert einer Provinz). Dieses Schwert ist heute als Juyo Bunkazai, d.h. als ein wichtiger Nationalschatz eingestuft.
Weil es extrem schwer war das Werk eines berühmten Schwertschmiedes zu erwerben, wurden schon in alten Zeiten viele Schwerter mit falschen Signaturen versehen und dies sogar von Schmieden, die später selbst durch eigene Werke berühmt wurden. Von manchen Schmieden, wie z. B. Kotetsu, Shinkai aber auch anderen, existieren besonders viele Fälschungen. Aus dieser Tatsache kann man folgern: Da es erwiesenermaßen viele japanische Schwerter gibt, die entweder falsch signiert sind oder deren Qualität mangelhaft ist, ist es außerordentlich wichtig, Schwerter intensiv zu studieren, um gute von schlechten Klingen zu unterscheiden und echte von falschen Signaturen.
Zweckmäßigerweise geht man bei der Beurteilung einer Klinge wie folgt vor.
FORM
Man versucht, wenigstens annäherungsweise, aufgrund der Form die Zeit zu bestimmen, in der das Schwert hergestellt wurde.
HAMON
Die nach der Form ermittelte Zeit versucht man durch Studium des Musters der Härtelinie zu bestätigen, wobei auch die Schule, zu der der Schwertschmied gehörte, evtl. festgelegt werden kann. Unter Umständen ist hier schon der Schmied der Klinge zu erkennen.
HADA und JITETSU
Bei sorgfältiger Betrachtung der Oberfläche des Schwertes erkennt man, in welcher Zeit – Koto, Shinto oder Shin-Shinto – das Schwert entstanden ist. Evtl. kann man auch hieraus Erkenntnisse auf die Schule oder den Meister selbst gewinnen.
BOSHI
Auch das genaue Studium des boshi und der gesamten Spitze kann weitere Auskunft darüber geben, von welchem Meister oder welcher Schule das Schwert letztlich stammt.
ANGEL
Anschließend untersucht man die Angel auf ihre Charakteristika und liest die eventuell vorhandene Signatur. Erfreulich ist es, wenn die typische Technik des Meisters schon unverwechselbar in der Klinge selbst zu erkennen ist. Die Signatur der Angel sollte im Idealfall nur eine Bestätigung der Arbeitsweise sein.
Zur Geschichte der japanischen Schwerter
1. JOKOTO-Periode (Erdfunde und prähistorische Schwerter, (ca. 4. Jhdt. bis 10. Jhdt.)
Die frühesten Eisenschwerter, die man in Japan gefunden hat, sind wahrscheinlich aus Korea und China importiert worden und wurden aber bald auch von einheimischen Schmieden hergestellt. Fast alle dieser Schwerter sind Bodenfunde und wurden aus den über ganz Japan verstreuten Grabhügeln geborgen.
Diese Klingen sind alle gerade, ein- oder zweischneidig, wobei zu bemerken ist, dass die einschneidigen in der Form kire-ba-zukuri aufgebaut sind, während die zweischneidigen entweder ebenfalls kire-ba-zukuri (auf beiden Seiten) oder aber auf einer Seite mit Mittelgrat gefertigt wurden.
Diese Jokoto-Schwerter wurden hauptsächlich von Fußsoldaten als Stich oder Stosswaffen gebraucht und wohl kaum als Hiebwaffe von Reitern benutzt.
Mit dem späten 9. Jhdt. wurde die Reiterei in Japan vermehrt zum Kampf eingesetzt, weshalb aufgrund dieser Form der Kriegsführung an Klingen neue und andere Anforderungen gestellt wurden. Die Schwertschmiede entwickelten deshalb gekrümmte Klingen. Bei den frühesten Klingen dieser Art ist die Biegung zum Griff hin stärker akzentuiert. Dadurch waren diese Schwerter geeigneter für den berittenen Kämpfer. So wurde über die Zeiten die importierte Form verändert, verbessert und endlich die einzigartige Form entwickelt, die das japanische Schwert auszeichnet.
2. Mitte HEIAN bis frühe KAMAKURA-Periode (10. Jhdt. bis spätes 12. Jhdt.)
Nach dem 10. Jhdt., als sich langsam die Kämpfe der Japaner nicht mehr gegen die inzwischen stark zurückgedrängten Ureinwohner Japans, die Ainu, richteten, sondern die verschiedenen japanischen Familien sich untereinander zu bekämpfen begannen, stieg der Bedarf an Schwertern, die sowohl für den Kampf Reiter gegen Reiter, als auch für den Kampf Reiter gegen Fußtruppen geeignet waren.
Die so entwickelten Schwerter sind etwa 80 cm lang (gemessen von der Spitze bis zum Beginn der Angel) und haben eine tiefe Biegung im angelnahen Teil der Klinge, während die Biegung zur Spitze hin fast völlig verschwindet und so das Schwert auch zum Stoss geeignet ist. Die Spitzen sind in dieser Zeit sehr klein. Der vorherrschende hamon dieser Zeit war ein suguha in seinen vielfältigen Ausprägungen.
Diese Klingenform nennt man tachi. Sie wurden mit der Schneide nach unten hängend am Gürtel getragen. Es gab in dieser Zeit auch schon tanto (Dolche), von denen aber nur sehr wenige bis heute erhalten sind.
3. Mittlere KAMAKURA-Periode (etwa frühes bis spätes 13. Jhdt.)
Die Errichtung des neuen militärischen Machtzentrums in Kamakura durch den Minamoto–Clan bedeutete das Ende der hoch stehenden Heian-Kultur der Fujiwara–Familie. Macht und Strenge, beeinflusst durch den asketischen Zen-Buddhismus, wurden nun zum Ideal des Kriegeradels.
Die Schwerter hatten zwar nach wie vor den tiefsten Punkt der Krümmung in der Nähe des Griffes, wurden jedoch im Vergleich zu den Klingen der vorangegangenen Epoche zur Spitze breiter. Die Spitze selbst wurde länger und stärker, chu-kissaki und ikubi-kissaki wurden vorherrschend.
Das Muster des hamon veränderte sich ebenfalls vielfach. Neben einem ruhigen suguha entstanden choji-midare-Muster von flamboyanter Bewegung und Schönheit.
Aus dieser Zeit sind nunmehr auch viele tanto erhalten. Diese Dolche sind ca. 24 cm lang und haben entweder keine oder eine zur Schneide hin geneigte Biegung des Rückens.
4. Späte KAMAKURA-Periode (spätes 13. Jhdt. bis beginnendes 14. Jhdt.)
In den Jahren 1274 und 1281 versuchten die Mongolen zweimal Japan zu erobern. Sie wurden jedoch durch den verzweifelten Kampfeswillen der Japaner aufgehalten. In beiden Fällen vernichtete ein Taifun die Flotte der Mongolen, was man als kami-kaze, „göttlicher Wind“ bezeichnete. Daraufhin konnten die japanischen Krieger die überlebenden Eindringlinge relativ schnell besiegen.
Bei dieser Gelegenheit wurden die Japaner mit völlig neuen Taktiken und Bewaffnungen konfrontiert. So hatten die Mongolen wattierte Lederpanzer, die mit den damaligen japanischen Schwertern kaum zu durchschlagen waren. In den Schlachten, die nach den Mongoleneinfällen gefochten wurden, erkennt man bereits, dass die Japaner aus diesen Kämpfen gelernt hatten. Statt auf berittene Einzelkämpfer setzten sie nun vermehrt auf Fußtruppen in fester Schlachtordnung mit massiver Unterstützung durch Bogenschützen. Die schwere Rüstung (o-yoroi) wurde mehr und mehr durch die leichteren do-maru ersetzt und diese praktischeren Rüstungen wurden von nun an nicht nur von den Fußtruppen, sondern auch von hochrangigen Kriegern getragen.
Die tachi aus dieser Zeit haben eine nicht mehr ganz so tiefe Biegung und die Krümmung verlagert sich mehr zur Mitte der Klinge hin (tori-zori). Die Klingen werden breiter, im Rücken dünner, die Schneideflächen sind nicht mehr so konvex (hira-niku) und die Spitzen werden länger.
Aus dieser Zeit gibt es noch viele Dolche. Diese tanto sind geringfügig länger als die früheren und haben in den meisten Fällen keinerlei Biegung mehr (mu-zori).
5. NAMBOKUCHO-Periode (1333 – 1392, frühes bis spätes 14. Jhdt.)
Diese Zeit war gekennzeichnet durch die Errichtung von zwei Kaiserhöfen in Nara und Kyoto, die sich 60 Jahre lang Kämpfe um die Vorherrschaft lieferten. Letztendlich siegte der nördliche Hof in Kyoto durch die Unterstützung des Shogun Ashikaga Takauji.
Die Schlachten dieser Zeit spielten sich hauptsächlich in gebirgigem Gebiet zwischen Nara und Kyoto ab, wodurch größere Reiterkämpfe infolge des ungünstigen Geländes relativ selten waren. Fußkämpfe mit tachi und naginata waren die Regel. Um das Gewicht der langen tachi zu reduzieren, wurde die kasane, die Breite des Klingenrückens, relativ dünn gehalten. Die mihaba wurde verbreitert. Zusätzlich findet man auch oft bo-hi in allen Variationen, die eine zusätzliche Gewichtsersparnis brachten.
Die Rüstungen dieser Zeit (do-maru und haramaki), waren leichter als zuvor, um die Beweglichkeit des Fußkämpfers zu garantieren. Die große Rüstung (o–yoroi) kam auf Grund ihres hohen Gewichtes aus der Mode.
Die Dolche dieser Zeit waren ebenfalls länger und breiter als die aus den vorangegangenen Perioden. Erwähnt werden muss, dass es von dieser Zeit an auch gekrümmte tanto gibt. Diese sind länger als die bisher üblichen Dolche und ihre kasane ist relativ dünn.
Diese tanto können sogar länger als ein shaku (30,3 cm) sein, was bedeutet, dass diese Dolche eigentlich wakizashi sind. In diese Zeit fällt also die “Erfindung” des Kurzschwertes. Zwar gab es schon früher Klingen in der Länge über einem und unter zwei shaku – diese Klingen waren jedoch so genannte ko–dachi und wurden auch wie tachi getragen, weshalb sie ein anderer Schwerttyp sind als das wakizashi.
6. Frühe MUROMACHI-Periode (1392 – 1573, spätes 14. Jhdt. bis spätes 15. Jhdt.)
Die tachi–Klingen dieser Zeit unterscheiden sich von der Form der vorhergehenden Schwerter. Die Klingen verlieren ihre extreme Breite (mihaba), sowie ihre extrem langen Spitzen und auch ihre Gesamtlänge wird kürzer.
Bezeichnend ist, dass das Zentrum der Krümmung nach oben, also zur Spitze hin, wandert. Von wesentlicher Bedeutung für diese Zeit ist die “Erfindung” des katana.
Die Tragweise der Schwerter änderte sich. Man trug weniger mit der Schneide nach unten hängende tachi, sondern steckte die nunmehr kürzeren katana mit der Schneide nach oben in den Gürtel, was ein leichteres Ziehen der Klingen erlaubte. Diese Technik bewährte sich in den immer häufiger vorkommenden Kämpfen der Fußtruppen. Eine mittlere Standardlänge für Schwerter dieser Zeit liegt somit bei ca. 65 bis ca. 70 cm.
Auch das wakizashi wurde wichtiger. Es wurde sowohl in hira- als auch in shinogi-zukuri hergestellt und erfreute sich als “Hilfsschwert” steigender Beliebtheit.
Die Dolche dieser Zeit werden mit ca. 27 cm wieder etwas kürzer als in der vorangegangenen Periode und ähnelten wieder den Dolchen aus der späten Kamakura-Zeit.
7. Späte MUROMACHI-Periode (etwa spätes 15. Jhdt. bis spätes 16. Jhdt.)
Diese Zeit wird bestimmt von den ständigen Kämpfen der verschiedenen Warlords und ihren Parteien im ganzen Land und dem fast völligen Zusammenbruch der Zentralmacht.
Gefechte wurden von Truppenkontingenten in fester Schlachtordnung geführt. Ritterliche Einzelkämpfe wie in früheren Jahrhunderten kamen nicht mehr vor. Als Hauptwaffen wurden Lanzen und Luntenschloßmusketen portugiesischer Bauart eingesetzt. Erst im härtesten Nahkampf gebrauchte man Schwerter. Die zu dieser Zeit massenhaft aus schlechtem Stahl gefertigten Klingen sind größtenteils nur noch als Waffen zu bezeichnen und können kaum den Anspruch eines Kunstwerkes erfüllen. Neben den vielen billigen Massenproduktionen wurden natürlich auch immer wieder hochwertige Klingen geschmiedet, die Ansprüchen an ein Kunstwerk genügen.
Aus dieser Zeit stammen zwei Typen von katana, das uchi-gatana mit einer kurzen Angel, zum Gebrauch für eine Hand mit einer Länge von ca. 64 cm, sowie ein ca. 75 cm langes katana mit einer längeren Angel für den zweihändigen Gebrauch.
Wakizashi waren mit einer Länge von ca. 50 cm bis 55 cm etwas länger als in der vorherigen Periode und wurden zusammen mit dem katana getragen. Es entwickelte sich die später auch reglementierte Mode beide Schwerter identisch montieren zu lassen, womit das “Dai-Sho” (wörtl: groß–klein) erfunden war.
Tanto aus dieser Zeit kommen in vier Typen vor.
Kleine Dolche in hira-zukuri ohne sori oder mit gegenläufigem sori. Etwas breitere und längere Dolche mit saki-sori. Es gibt kleine Dolche deren Schneiden und Spitzen fast gerade sind und außerdem zweischneidige Dolche (moroha-zukuri).
8. MOMOYAMA-Periode (spätes 16. Jhdt. bis frühes 17. Jhdt.)
Mit dem Beginn der Keicho-Ära (1596) endet die koto–Periode. In den folgenden Jahrzehnten verändern sich die Schwertformen und das shinto–Schwert, mit seinen je nach Zeiten verschiedenen Ausprägungen, entsteht. Zunächst werden in der Keicho–Periode Klingen, die in Form denen der Namboku–cho–Zeit ähneln, geschmiedet. Die typische Klinge der Zeit hat eine geringe Krümmung und wird zur Spitze hin nicht wesentlich schmaler. Die kasane wird wieder etwas dicker.
Schmiede stellten in dieser Zeit nicht mehr ihre eigenen Stähle her, sondern bezogen diese von professionellen Herstellern. Auch importierter Stahl bzw. Eisen wurde verwendet. Diese unterschiedlichen Stahlqualitäten erlaubten bzw. erforderten auch andere Verarbeitungsmethoden. Dadurch änderten sich das hada und der Hamon – weshalb das Shinto–Schwert eine andere ästhetische Wirkung hat als eine Koto–Klinge. Die berühmten Meister der Shinto–Periode schmiedeten immer noch künstlerisch ganz hervorragende Arbeiten.
Die Schwerter dieser Zeit wurden nicht mehr in Schlachten eingesetzt, sondern fanden höchstens noch in Zweikämpfen Verwendung. An das Schwert wurden nun andere Ansprüche gestellt, es musste nicht mehr Eisen- oder Lederpanzer durchschlagen oder durchstechen, sondern baumwollene oder seidene Kimono. Auch in künstlerischer Hinsicht veränderte sich der Geschmack und neue Varianten des Hamon wurden entwickelt.
Gestaltungen oder Formen nach den Prinzipien der Gokaden, der fünf traditionellen Richtungen, sind in den neuen Schwertern selten zu sehen. Die relative Freizügigkeit und der dauerhafte Friede ermöglichten es, dass Schmiede reisen konnten und auch von ihren Fürsten zu Meistern anderer Provinzen geschickt wurden um dort zu lernen. Diese Schmiede nehmen andere neue Einflüsse und Techniken auf, und so mischen sich die vorher regional unterschiedenen Stile. Viele Meisterschmiede arbeiten deshalb auch in mehreren unterschiedlichen Richtungen. Von dieser Zeit an kann man nunmehr nur noch vereinzelt von den fünf alten Schulen sprechen. Es entstanden neue Schulen, die bis heute nach Meistern oder Orten benannt werden.
Tanto werden seltener hergestellt. Die Mehrzahl der Tanto und Wakizashi erinnern in Länge, Breite und Formen an diejenigen der Nambokucho-Periode, mit der Ausnahme, dass die Kasane nun dicker ist als sie beim Vorbild und Original war.
9. Frühe bis mittlere EDO-Periode (etwa Mitte 17. Jhdt. bis spätes 18. Jhdt.)
Durch den Frieden in der Tokugawa-Periode wurde ushido, der „Weg des Kriegers“, bestimmend für die Klasse der samurai. Fechtschulen entstanden und neue Arten des Schwertfechtens, in denen man nicht mehr hauptsächlich Hiebtechniken, sondern auch den Stoss mit der Klinge übte.
Entsprechend wurde in der Kanbun–Zeit das Schwert gerader und die Spitze kürzer. Die Form dieser Klingen wurde Kanbun–Sugata genannt.
Nach 1652 mussten die Samurai zwei Schwerter tragen, das Dai-Sho oder das Schwertpaar.
Dolche wurden nach diesem Datum selten hergestellt. Wenn jedoch Tanto in dieser Zeit geschmiedet wurden, dienten für deren Formgebung Werke der Kamakura-Periode als Vorbilder.
Etwa um 1688 blühten die Wirtschaft und der Handel auf. Die sehr luxuriöse Genroku-Kultur brach an. Reiche Kaufleute, die nur Wakizashi tragen durften, ließen sich von den berühmtesten Schwertschmieden Kurzschwerter anfertigen. Aus dieser Zeit gibt es hervorragende Meisterwerke
10. Späte EDO-Periode (spätes 18. Jhdt. bis spätes 19. Jhdt.)
Mit dem ausgehenden 18. Jhdt. erlebte Japan eine Welle der Rückbesinnung auf traditionelle Werte, von der auch die Schwertschmiede nicht unberührt blieben. Die Folge war, dass nun Kopien aus allen Zeiten hergestellt wurden, die insgesamt jedoch etwas breiter und wieder etwas länger waren.
Beliebt waren Kopien aus der Nambokucho– und der späten Kamakura-Zeit. Alte Schmiedemethoden wurden wiederentdeckt und angewendet, so dass man aus dieser Zeit Klingen mit sehr langen Spitzen und extremem Hada sehen kann. Dies gilt auch für Tanto dieser späten Zeit.
11. Moderne Zeit (etwa spätes 19. Jhdt. bis heute)
Das Jahr 1876 kann nur als trauriges Jahr in Bezug auf die Schwertschmiedekunst genannt werden. In diesem Jahr trat durch das Edikt des Kaisers Meji das Verbot des Schwerttragens in der Öffentlichkeit in Kraft.
Der Bedarf für Klingen sank somit auf null. Schwertschmiede fristeten nun ihr Leben durch die Fertigung von Haushaltsgegenständen und Gerätschaften für den landwirtschaftlichen Bedarf oder durch die Herstellung von billigen Klingen und anderen Metallwaren für den Export. Dennoch ist es Kaiser Meji zu verdanken, dass die Kunst des Schwertschmiedens nicht gänzlich verloren ging, da er Schmiede durch Bindung an den Kaiserlichen Hof oder durch gezielte Aufträge unterstützte
Die vielen Shin–Gunto–Schwerter, die zu Tausenden für das Militär maschinell hergestellten Klingen aus Industriestahl, sind vom künstlerischen Aspekt unbedeutend und wertlos. Allenfalls sind sie in den Bereich der Militaria abzuschieben. Um solche Klingen war es nicht schade, wenn sie von den alliierten Besatzungstruppen ab 1945 eingezogen und vernichtet wurden.
Nach 1945
Die als “lebende Nationalschätze” geehrten Schmiede Miyairi Shohei und Takahashi Sadatsugu führten nach dem Zweiten Weltkrieg die Tradition fort, nicht Waffen sondern Kunstwerke in Form von Waffen herzustellen. In dieser Tradition folgten ihnen die Schmiede Gassan Sadakatsu und Sumitani Masamine.
Seit 1955 werden durch das Committee of Cultural Assets Conservation “Ningen Kokuho“, d.h. “lebende Nationalschätze” nominiert, unter denen es auch gestaltende Künstler anderer Disziplinen, wie z. B. von Keramik und Textilien, aber eben auch metallverarbeitende Künstler gibt.
Die Tradition des Schwertschmiedens wird bis heute fortgesetzt und wird wie das Studium des Polierens der Klingen zur Erhaltung der alten Kulturtechniken vom Bunka-cho, dem Kultusministerium, und auch von der NBTHK gefördert. Deshalb gibt es heute wieder gute und hervorragende Schmiede und auch Polierer für die Restaurierung der Klingen.
Die Augen zu öffnen
Ein vielleicht etwas provozierender Titel für ein Resümee, einen Ausblick und dennoch zugleich eine wichtige Empfehlung.
Wie schon erwähnt, ist es durchaus möglich, die Zeit, die Schule und den Schmied aus den Merkmalen eines Schwertes abzuleiten, indem man Stil und Form, wie in der vorstehend beschriebenen Weise, analysiert. Hierfür ist natürlich die Kenntnis vieler repräsentativer Meisterwerke durchaus wertvoll und hilfreich. Bei der Identifizierung einer Klinge sollte man aber nicht außer Acht lassen, dass es immer und überall Ausnahmen von den oben angeführten Regeln geben kann.
Deshalb ist es unabdingbar, sich mit den Klassifikationen und dem Spezialwortschatz der Schwertterminologie intensiv zu befassen und sie zu kennen.
Es ist von geringem Nutzen sich viele „Blankwaffen“ japanischer Provenienz anzuschauen, wenn diese evtl. noch schlecht und in unzureichendem Zustand sind. Nur gute, qualitativ und künstlerisch hochstehende Klingen helfen beim ernsthaften Studium.
Bei wirklichem Interesse für die Kunstform der japanischen Klingen und des Kodogu gibt es nur zwei Möglichkeiten seine Kenntnisse und seine Augen zu schulen: Erstens durch das Betrachten guter Schwerter und ihrer Montierungen und zweitens durch ein intensives Studium der Fachliteratur.